Die Autorin Rasha Khayat ist in Dortmund geboren, hat aber
einen Großteil ihrer Kindheit in Saudi-Arabien verbracht. Mit elf Jahren ist
sie mit ihrer Familie wieder nach Deutschland gekommen. Was macht das mit einem
Menschen, wenn man in zwei so unterschiedlichen Ländern aufwächst? Saudi-Arabien
– Deutschland. Wo ist die Heimat, wo ist man fremd? Und warum stellen sich
diese Fragen überhaupt? Rasha Khayat sucht in ihrem Debütroman „Weil wir längst
woanders sind“ nach Antworten.
Ihre beiden Hauptfiguren Layla und Basil sind Geschwister.
Sie sind ein gutes Team – unzertrennlich – und genau wie die Autorin haben sie
viele Jahre in Saudi-Arabien gelebt und sind dann nach Deutschland gezogen.
Erst haben sie im Ruhrgebiet gelebt und später dann in Hamburg in einer WG. Alles
cool, denkt zumindest Basil – nur dann geht seine Schwester auf Reisen, kehrt
zurück in die alte Heimat und entschließt sich dort zu heiraten.
Basil hat dafür null Verständnis, denn Layla ist nicht
religiös und er hat in ihr immer eine freiheitsliebende Frau gesehen, die sich jetzt
für ein Land entscheidet, in dem sie sich verschleiern muss und noch nicht mal
Autofahren darf. Schon als ich davon auf dem Klappentext gelesen habe, war ich
direkt neugierig. Wie kann man sich bitte freiwillig für so ein Leben entscheiden?
Im Laufe der Geschichte habe ich aber immer mehr Verständnis für Layla
entwickelt, was ich vorher nie gedacht hätte. Aber die Autorin schafft es zu
erklären, was es wirklich bedeutet, mit zwei Kulturen aufzuwachsen. Für
Außenstehende klingt das oft einfach nur spannend, aber für die Betroffenen
kann das auch schwierig sein, weil die Kulturen sich vielleicht nicht komplett
miteinander vereinbaren lassen, weil es die anderen Menschen überfordert:
„Ich
hab die Stadt einfach gehasst«, sagt Layla irgendwann. »Das Graue, die Stille.
Das Drückende. Und dass sie uns immer erzählt haben, das sei alles ganz toll
so, dass wir das Beste aus beiden Welten bekommen, dass wir nur Vorteile
hätten, weil wir zwei so verschiedene
Kulturen kennen. Aber dass die meisten anderen, die man trifft, immer wollen,
dass man sich für eine Seite entscheidet, dass sie immer nur suchen, was ihnen
bekannt vorkommt, das haben sie uns nie gesagt. Dass dieser Graben nie endet,
sich nie schließen wird und dass man nie irgendwo richtig hingehört. So was
sagt dir niemand.“
Es geht in diesem Roman also ums Fremdsein, um die Suche
nach Zugehörigkeit und auch darum, wie die Suche nach der eigenen Identität mit
der Frage nach der Heimat zusammenhängt. Layla führen genau diese Fragen zurück
nach Saudi-Arabien – und dann schließlich auch Basil, der zur Hochzeit seiner
Schwester reist, und als Leser tauchst du mit in dieses Land ein, das die
Autorin so ganz anders zeigt als erwartet.
Sie beschreibt Saudi-Arabien als unfassbar herzlich. Die Familie
von Basil und Layla erscheint wie der Inbegriff der Gastfreundschaft. Sie
freuen sich so sehr, dass sie die beiden wiedersehen und nehmen sie in ihrer
Mitte auf, so als wären sie nie weggewesen. Die Zusammengehörigkeit scheint
enorm zu sein und trotzdem ist sie Basil fremd und er will, anders als Layla,
zurück nach Deutschland. Aber darum geht’s hier eben auch – Menschen sind
unterschiedlich, haben unterschiedliche Bedürfnisse und dieser Roman fordert
dafür Respekt ein!
Rasha Khayat: Weil wir längst woanders sind. Dumont. 192S. 19,99 €
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